Claudia Keel-Graf
erklärt, mit welchen Zutaten dasThurbobräu gebraut wird.
Andreas Breitenmoser mit einer Wärmeübergabestation.
In zehn Tagen entscheiden die Wiler Stimmbürger an der Urne über die grösste Energievorlage der Geschichte. Verantwortlich für das 75-Millionen-Projekt ist Stadtrat Andreas Breitenmoser.
Wil Das Wiler Fernwärmeprojekt hat eine lange Vorgeschichte, die bis ins Jahr 1988 zurückreicht. Diverse Abklärungen und Studien mit externen Firmen wurden durchgeführt. 2022 gab es gar einen Rückweisungsantrag zu einem Nahwärmeverbund im Parlament. Nun aber steht das 75-Millionen-Projekt kurz vor der Umsetzung - wenn die Stimmbürger am 19. November ja sagen. Einer, der auf dieses Ja hofft, ist der Wiler Stadtrat Andreas Breitenmoser, Vorsteher des Departements Versorgung und Energie. Die Stadt Wil befasst sich schon lange mit diesem Vorhaben, jetzt sind wir endlich auf Kurs.», betont der Stadtrat und ergänzt: «Wenn wir erst in 15 Jahren mit der Fernwärme kommen, haben viele Eigenheimbesitzer schon andere Lösungen gefunden, darum ist es jetzt an der Zeit vorwärtszumachen. Auch um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.» Andreas Breitenmoser zieht den Flyer des überparteilichen Komitees hervor und zeigt auf die Logos der Parteien. «Dass die SVP und die Juso hier miteinander aufgeführt sind, zeigt, wie einig man sich in der Sache ist und so war es auch im Parlament. Wir sind uns alle einig, dass es die Fernwärme braucht.»
Andreas Breitenmoser zeigt auf ein grosses Gerät im Büro einer seiner Mitarbeiter. «So würde in Zukunft die Wärmeübergabestation aussehen, den man installieren muss, um die Fernwärme aus dem ZAB In Bazenheid zu empfangen.» Bis es aber so weit ist, dass die erste Wärme in die Äbtestadt fliesst, muss noch viel Geld investiert werden. 75 Millionen, um genau zu sein. Damit ist Fernwärme die grösste Energievorlage der Stadt Wil. «Man muss dabei sehen, dass wir für den Bau keine Steuergelder verwenden werden. Es ist ein reines TBW-Projekt, welches gebührenfinanziert ist. Auch wenn der Topf momentan noch leer ist, wird sich die Investition natürlich rechnen, das haben wir so kalkuliert.» 55 Millionen der 75 Millionen werden für die Bauarbeiten und die isolierten Rohre ausgegeben, die die Wärme mittels eines Vor- und eines Rücklaufs von Bazenheid in die Stadt bringen werden. Kommt es also bei einer Annahme an der Urne wieder zu einem Verkehrschaos? Breitenmoser schmunzelt: «Wir wären ja verrückt, wenn wir die Toggenburgerstrasse wieder aufreissen würden, queren werden wir sie aber schon müssen. Ansonsten aber werden wir sicher Rücksicht nehmen, dass es nicht zum Chaos kommt und die Leitungen vor allem in Gemeindestrassen legen.»
Sieht man sich die Pläne der Stadt Wil genauer an, wird schnell klar, alle können nicht von der Fernwärme aus Bazenheid profitieren. So soll eine fünf Kilometer lange Transferleitung die Wärme vom ZAB nach Wil führen. Die Leitung wird, so erklärt es Andreas Breitenmoser, nördlich der Autobahn in zwei Hauptstränge aufgeteilt. «Einer führt Richtung Westen zur Psychiatrie St.Gallen Nord, der andere geht Richtung Osten zum Spital Wil», so der Stadtrat und ergänzt: «Einzelne Verteilleitungen, welche ebenfalls gebaut werden müssen, erschliessen dann die einzelnen Quartiere der Äbte-stadt, welche sich eignen.» Mit Fernwärme erschlossen wird allerdings nur ein Teil des städtischen Gebiets. Berücksichtigt worden sind laut Andreas Breitenmoser Quartiere mit vielen Mehrfamilien- und Gewerbehäusern. Auch Wilen und Rickenbach sowie die Wiler Altstadt sollen von der sauberen Wärme profitieren können. «In den Gebieten ausserhalb des Fernwärmeperimeters, in denen vorwiegend Einfamilienhäuser stehen, sind individuelle, klimafreundliche Heizungssysteme wie Wärmepumpen oder in Ausnahmefällen Pelletsheizungen die Alternative. In diesen Quartieren bieten die TBW Wärme-Contracting an an, unterstützen Nahwärmeverbunde und die Stadt Wil ergänzt die kantonale Förderung beim Ersatz von fossilen Heizungen durch Wärmepumpen», so Andreas Breitenmoser und ergänzt: «So machen es auch die anderen Städte in unserer Region. Beispielsweise St.Gallen, so wie wir pumpen auch sie keine Wärme die Hügel hinauf. Das ist technisch und ökonomisch nicht sinnvoll.»
«Das Projekt leistet einen bedeutenden Beitrag zur Verwirklichung des kommunalen Klimaschutzprogramms, das eine vollständig erneuerbare und klimaneutrale Energieversorgung bis 2050 vorsieht», so Andreas Breitenmoser. Mit rund 66 Gigawattstunden pro Jahr im Endausbau würde der Fernwärmeverbund Wil etwa 40 Prozent des zukünftigen Wärmebedarfs in Wil im Jahr 2050 abdecken und das Stromnetz entlasten. «Die Nutzung von Fernwärme ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft und reduziert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen», erklärt Breitenmoser. Was der Stadtrat damit meint, erklärt er bei einem weiteren Blick auf den geplanten Wärmepreise von 0.135 Franken pro Kilowattstunde: «Die gesamte Wertschöpfungskette bleibt in der Regio Wil und dazu sind wir mit der Fernwärme in Zukunft nicht mehr abhängig von internationalen Märkten und leisten so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit.» Entlastet werde zudem auch das Stromnetz, erklärt Breitenmoser weiter: «Strom ist endlich, dass wissen wir alle. Mit der Wärme aus Abfall wirken wir dem entgegen.» Wie die Abstimmung in zehn Tagen ausgehen wird, darüber möchte Andreas Breitenmoser keine Prognose wagen. Klar ist aber, der Fahrplan für die Umsetzung der Fernwärme ist da und es soll zügig vorangehen. Ende 2024 soll mit der Realisation begonnen werden, zwei Jahre später, zwei Jahre später ist dann bereits die Inbetriebnahme vorgesehen.
Von Lui Eigenmann
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