Michael Sarbach
ist neuer Botschafter der Stadt Wil.
Velos sollen in der Altstadt weiterhin gestossen werden. lin
Die Wiler Altstadt soll velofrei bleiben – das fordern Anwohnende, Unternehmende und eine Interpellation eines SVP-Parlamentariers. Die Antwort des Stadtrates liegt vor, doch die Gegner sind damit nicht einverstanden.
Wil «Es gibt keine überzeugende Sicherheitsanalyse, keine durchdachte Kontrollstrategie und keinen fairen Umgang mit den Interessen der Betroffenen», hiess es in der Interpellation des SVP-Parlamentariers Benjamin Büsser, die er Ende Februar zusammen mit acht Mitunterzeichnenden beim Stadtrat eingereicht hatte. Zuvor hatten bereits verschiedene Anwohnende und Unternehmende Kritik gegen die Aufhebung des Velofahrverbots in der Wiler Altstadt geäussert und gar Rekurs eingelegt (WN vom 23.1.25). Sie sorgten sich vor Velorasern, die zur Gefahr für die Fussgänger werden.
Die Entscheidung der Stadt Wil, das Velofahrverbot aufzuheben, basiert laut dem Stadtrat auf dem Betriebs- und Gestaltungskonzept (BGK) Altstadt. Dieses Konzept konkretisiere das Ziel, die Altstadt in Schrittgeschwindigkeit erlebbar zu machen, und sehe die Zulassung des Veloverkehrs in der Fussgängerzone vor. Die gegenseitige Rücksichtnahme zwischen Fussgängern und Velofahrern soll durch Kommunikations- und Sensibilisierungsmassnahmen gefördert werden. Um das Unfallrisiko der geplanten Verbotsaufhebung einzuschätzen, wurde im Rahmen des BGK eine Sicherheitsanalyse durchgeführt: Daraus sei hervorgegangen, dass die Polizei im besagten Bereich der Altstadt in den vergangenen zehn Jahren keine Verkehrsunfälle registriert habe. «Gemäss Statistik ist in den letzten zehn Jahren kein Unfall passiert. Hoffentlich auch nicht, es war ja Fahrverbot», so Christian Naefs Reaktion auf die Ausführung des Stadtrates zur Sicherheitsanalyse. «Aufgrund des geltenden Fahrverbots ist es ja logisch, dass es keine Unfälle gab», bestätigt der Interpellant Benjamin Büsser. Mit dieser Antwort lenke der Stadtrat nur vom eigentlichen Problem ab, ist sich der SVP-Parlamentarier sicher. Der Altstadtbewohner Ralph Brügger verweist zudem auf das subjektive Sicherheitsbefinden: Dieses würde sich nicht nur auf registrierte Unfälle stützen, sondern auch auf persönliche Wahrnehmungen und Beinahe-Unfälle. «An den Sicherheitsbedenken ändert sich nichts», so Brügger. Vor allem, weil die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit nicht gewährleistet werden könne. «In der abschüssigen Altstadt ist es für Velofahrende schwierig, konstant langsam zu fahren. Das erhöht die Gefahr für Fussgänger», argumentiert der Altstadtbewohner.
Der Stadtrat betont in seiner Mitteilung mehrfach, dass die geplante Lösung mit der Kantonspolizei St.Gallen besprochen und abgestimmt sei. Um die Einhaltung der Geschwindigkeitsvorgaben sicherzustellen, würde die Kantonspolizei Kontrollen durchführen, heisst es darin. Bei Nichteinhaltung der Vorgabe würden Bussen verteilt. Die Kritiker zweifeln allerdings den Nutzen solcher Geschwindigkeitskontrollen. Bereits am Beispiel der Bahnhofunterführung sehe man, so Benjamin Büsser, dass die Regel der Schrittgeschwindigkeit nicht eingehalten werde. «Der Stadtrat lebt in einer anderen Welt, wenn er glaubt, die Polizei wird das verhindern können.» Ralph Brügger sieht die Problematik bereits bei der Durchführbarkeit der Polizeikontrollen. Die Polizei könne aufgrund begrenzter Ressourcen nicht regelmässig vor Ort sein. Dazu komme die fehlende Messmöglichkeit. «Eine Bussenverteilung bei Geschwindigkeitsübertretungen ist nur möglich, wenn die Geschwindigkeit offiziell gemessen wird. Doch Radargeräte oder Laserpistolen für Velos sind in der Altstadt nicht vorgesehen. Das heisst: In der Praxis bleiben Verstösse folgenlos», befürchtet der Anwohner. Tatsächlich bestätigt der Polizeisprecher der Kantonspolizei St.Gallen, Milo Frey: «Es wird nicht so sein, dass wir mit einer Laserpistole in der Fussgängerzone die Geschwindigkeit der Velos messen. Wenn die für das Personenaufkommen und die Örtlichkeit angemessene Geschwindigkeit überschritten wird, dürfte dies auch ohne eine exakte Messung der Geschwindigkeit erkennbar sein.» Bei einer Gefährdungssituation sei es aber möglich, eine Person zu verzeigen, erklärt der Polizeisprecher. Dies könne eine Geldbusse zur Folge haben. Wie hoch diese sei, liege im Ermessen der Staatsanwaltschaft.
Neben dem Sicherheitsrisiko und der Durchführbarkeit der Kontrollstrategie wurde in der Interpellation von Benjamin Büsser der Nichteinbezug der Anwohnenden und Gewerbetreibenden kritisiert. «Der Stadtrat schreibt in seiner Antwort: Die Anliegen von Anwohnenden und Gewerbetreibenden wurden mehrfach berücksichtigt und in verschiedenen Phasen des Projekts eingebunden.» Er verweist auf die Mitwirkungsverfahren, die im Rahmen der Erarbeitung des Altstadtleitbildes und des BGK Altstadt stattgefunden haben. Christian Naef war Teil des BGK. «Ich habe in jeder Sitzung auf diese Gefahr hingewiesen», betont Naef. Seine Meinung sei zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht priorisiert worden. SVP-Parlamentarier Benjamin Büsser bestätigt, dass bei der Mitwirkung am BGK mehrfach darauf hingewiesen worden sei, dass eine Öffnung für Fahrradfahrer das Gefahrenpotenzial vergrössere. Auch Ralph Brügger ist der Meinung, dass keine offene Auseinandersetzung oder Mitwirkung stattgefunden hat. Bereits zu Beginn des Gesprächs sei deutlich geäussert worden, dass der Stadtrat an seinem Entscheid festhalten würde. «Uns wurde klar gesagt, dass unser Rekurs keine Chance hat», sagt auch Naef. «Die Mitwirkung erscheint mir immer wieder als Alibiübung.»
Doch was Christian Naef noch mehr stört: «Bis heute konnte mir die Stadt keinen Mehrwert für die Altstadt nennen. Die Altstadt ist heute schon bis zum Rathaus befahrbar. Man kann sein Fahrrad an mehreren Veloständern in der und um die Altstadt parken. Die Öffnung bringt also nicht mehr Leute in die Altstadt, sondern fördert lediglich den Durchfahrtsverkehr. Zudem ist es komplett sinnlos, die Altstadt zu öffnen, aber die Obere Bahnhofstrasse nicht», findet er klare Worte. Die Stadt Wil gibt auf Anfrage dieser Zeitung bekannt, dass die Planung zur Öffnung der Fussgängerzone der Oberen Bahnhofstrasse für Velofahrende erst in einer zweiten Phase nach der Umsetzung in der Altstadt erfolge. Dieses Vorgehen sei den Verantwortlichen von der Kantonspolizei empfohlen worden.
Linda Bachmann
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