Claudia Keel-Graf
erklärt, mit welchen Zutaten dasThurbobräu gebraut wird.
Sebastian Wetter wollte bereits im Primarschulalter Priester werden. lin
Sebastian Wetter wurde Ende April einstimmig zum neuen Wiler Stadtpfarrer gewählt. Der 37-Jährige erzählt, wie er die ersten Wochen in seinem Amt erlebt hat.¶
WilSebastian Wetter, welche Erfahrungen haben Sie in den ersten Wochen nach der Wahl gemacht?
Zu meiner Freude bin ich schon am Wahlabend auf freundliche Gesichter gestossen. Die Pfarreiangehörigen haben anscheinend auf einen neuen Pfarrer «plangered». Natürlich sind mit der Freude auch Erwartungen verbunden, doch überwog das grosse Vorschussvertrauen. Dies hat sich in den letzten Wochen in vielen Begegnungen konkretisiert.
Immer wieder werde ich auf der Strasse angehauen: «Sie sind doch der neue Pfarrer!» Und schon ist man im freundlichen Gespräch. Auch im Pastoralteam nehme ich eine wohlwollende Atmosphäre wahr.
Vor Ihrem Stellenantritt war das Amt während fünf Jahren verwaist. Wie wirken sich die Nachwehen dieser Vakanz auf Ihre Aufgabe aus?
Ich darf von Glück sprechen, dass die Pfarrervakanz nicht von akutem Personalmangel begleitet war. Die Seelsorge war ja jederzeit in guten Händen und es fanden sich immer Priester, welche das Pfarramt
vorübergehend verwalteten. Mit dem Wegzug meines Vorgängers hat man begonnen, neue Leitungsmodelle auszutesten. So wurden die Leitungsfunktionen, die früher beim Pfarrer gebündelt waren, in einer Co-Leitung auf mehrere Schultern verteilt. Als ich die Stelle antrat, habe ich entschieden, mit diesem Leitungsmodell fortzufahren. Ich arbeite gerne im Team, da Führungsentscheide dadurch besser abgestützt sind. Für mich ist das eine zeitgemässe Art, das Pfarramt zu bekleiden. Ihnen wird nachgesagt, dass Sie die Gottesdienste sehr abwechslungsreich gestalten.
Wie haben die Wiler Katholiken auf Ihren Stil reagiert?
Ich bin mir nicht sicher, ob «abwechslungsreich» – zumindest im Rahmen der klassischen Sonntagsgottesdienste – der treffende Ausdruck ist. Ich bemühe mich, die Glaubensbotschaft mit dem alltäglichen Leben der Menschen zu verbinden. Das schafft Nähe und spricht viele Menschen an. Die sonntägliche Messe hat bei mir jedoch einen klaren Aufbau und wenig Variation. Mir ist der rituelle Aspekt sehr wichtig. Ich bin mir bewusst, dass der traditionelle Sonntagsgottesdienst nicht mehr alle Generationen erreicht. Neben den speziellen Kinder- und Familiengottesdiensten, die bewusst weniger an eine bestimmte Form gebunden sind, entwickeln wir aktuell alternative Gottesdienstformen, die ab Herbst einmal im Monat angeboten werden.
Mit knapp 40 Jahren gelten Sie als sehr junger Priester. Welchen Einfluss hat Ihr Alter auf die Art und Weise, Ihr Amt auszuführen?
Unsere Kirche ist im Moment von grossen Strukturveränderungen geprägt. Bis vor wenigen Jahren betreute ein Priester, vielleicht sogar mit anderen zusammen, eine Pfarrei. Heute arbeitet er in einer Seelsorgeeinheit für mehrere Pfarreien. Für mich war von Anfang an klar: Wenn ich als Priester bei uns im Bistum arbeiten möchte, dann werde ich das in einem Seelsorgeteam tun und nicht mehr als Einzelkämpfer an der Spitze einer Pfarrei. Dafür habe ich mich sehr bewusst entschieden, und das hat sicher Auswirkungen auf mein Amtsverständnis. Ich glaube aber, dass es neben dem Alter noch viele andere gleichwertige Faktoren gibt, wie jemand sein Amt ausführt. Dazu gehören Erziehung und Ausbildung, Glaubenserfahrung und Weltsicht. Bereits in Ihrer Kindheit wollten Sie Pfarrer werden und erhielten schon Mitte 20 die Priesterweihe.
Warum lohnt es sich Ihrer Meinung nach, schon in diesem Alter ein solches Amt zu bekleiden?
Da ich schon im Primarschulalter Priester werden wollte, hatte ich durch die anstehenden Schul- und Studienjahre viel Zeit, mich mit diesem Berufswunsch auseinanderzusetzen. Natürlich löst man als junger Mensch, der Priester werden will, grosse Erwartungen aus – besonders in einer Zeit des grossen Priestermangels. Für einen jungen Menschen kann das zu einem Druck führen, dem ein reiferer Mensch durch seine Lebenserfahrung vielleicht eher gewachsen ist. Glücklicherweise hatte ich immer gute Begleiterinnen und Begleiter, die mir halfen zu verstehen, weshalb ich Priester werden möchte – nicht, um Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern, weil es mir und meinem Leben entspricht. Rückblickend bin ich froh, dass ich so jung Priester wurde. Ich merke, dass in all den Jahren eine sehr starke Verbundenheit mit der Kirche und meiner Aufgabe darin gewachsen ist. Ich suche in der Kirche keine heile Welt, in die ich mich flüchten könnte. Sie ist einfach da und umgibt mich schon immer. Aus diesem Gefühl der Beheimatung heraus schreckt mich die Herausforderung, dass die Kirche immer erneuerungsbedürftig ist und sich mit der Welt verändert, nicht ab.
Welche Ziele haben Sie sich persönlich für Ihre Arbeit als Priester in Wil gesetzt?
Ich möchte mir meine Freude am Glauben bewahren und hoffe, dass sie ansteckend bleibt. Für die grossen Veränderungen, die der Kirche in struktureller, personeller und finanzieller Art noch bevorstehen, wird dies die wichtigste Ressource bleiben. Ich werde mich dafür einsetzen, dass uns der gute Geist, den ich momentan in unserem Seelsorgeteam wahrnehme, erhalten bleibt. Ich wünsche mir, dass uns immer bewusst bleibt, welchen Reichtum an Berufungen, an persönlichen Gaben und Glaubenserfahrungen Gott uns geschenkt hat. In diesem Bewusstsein bleiben theologische Spannungen zweitrangig.
Wiesy Imhof/Linda Bachmann
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