Claudia Keel-Graf
erklärt, mit welchen Zutaten dasThurbobräu gebraut wird.
Sein schwarzes Radio hatte Stefan Wild auf seinen täglichen Touren dabei.
Stefan Wild ging vor zwei Tagen in den wohlverdienten Ruhestand. Der Niederbürer hat von der Lehre bis zur Pensionierung bei der Schweizerischen Post gearbeitet. Im Interview blickt der 64-Jährige auf seine vielen Jahre beim selben Unternehmen zurück.
Niederbüren «Mein Markenzeichen war immer die Musik, die mich auf meinen Touren begleitete», Stefan Wild sitzt an seinem Küchentisch und schaut auf ein kleines schwarzes Radio. Seit zwei Tagen kommt dieses nur noch in Wilds Freizeit zum Einsatz. Denn der Niederbürer trat am Dienstag in den wohlverdienten Ruhestand.
An welchem Tag Stefan Wild seine Arbeit bei der Post begann, weiss er noch ganz genau: «Am 2. Juni 1975 begann ich meine Lehre in der PTT-Filiale in Niederuzwil.» Bevor aus dem Unternehmen die Post wurde, hiess es PTT, so Wild. «Damals war es noch eine Monopollehre und dauerte ein Jahr», erinnert sich der 64-Jährige. Nach seiner Ausbildung änderte sich zwar einige Male der Arbeitsort, jedoch niemals der Arbeitgeber. «Ich arbeitete vier Jahre in Flawil, bevor ich die Rekrutenschule besuchte», erzählt der frischgebackene Pensionär. Auch einen Abstecher auf das Bahnpostamt in St.Gallen steht in Wilds Lebenslauf. «In St.Gallen fuhr ich neben dem Zustelldienst auch mit einem motorisierten Schlepper», so Wild. Nach St.Gallen ging es für den 64-Jährigen nach Uzwil und Oberuzwil, bevor er 1991 wieder zu der Poststelle zurückkehrte, in der alles begann: nach Niederuzwil. «Ein damaliger Zustellbeamter ging in Pension und da bewarb ich mich auf den Posten», so Wild.
Gab es denn auch einen Zeitpunkt, an dem er lieber etwas anderes gemacht hätte? «Als ich 50 wurde, habe ich mit dem Gedanken gespielt, zu Postauto zu wechseln», verrät Wild. Den Mut dazu habe er jedoch nie ganz aufbringen können und so geriet der Gedanke immer mehr in den Hintergrund. «Meine Söhne sagen oft zu mir: ‹Papa, dass du 50 Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt warst, ist etwas Besonderes.›», so der dreifache Familienvater. Wenn man es aber ganz genau nehme, so seien es «nur» 49 Jahre und vier Monate, stellt Stefan Wild klar. «Am 28. Dezember werde ich 65 Jahre alt. Lange habe ich mir überlegt, ob ich noch bis zum Ende des Jahres arbeiten soll, bin dann aber zum Entschluss gekommen: Jetzt ist genug», sagt er. Den Päckliwahnsinn der kommenden Feiertage wolle er sich nicht mehr antun. «Man merkt schon, wenn die Leute im November ihren 13. Monatslohn erhalten, dann bestellen sie, als gäbe es kein Morgen mehr», weiss Wild.
Der Stress beim Ausliefern der Post beschränke sich aber schon lange nicht mehr nur auf die Vorweihnachtszeit, so der 64–Jährige. «Die Touren wurden in den letzten 20 Jahren immer länger. Heute liefern wir in über 1050 Haushalte pro Tag die Post aus», sagt er. Für den Pensionär brauche es die B-Post deshalb vor allem für die Zustellbeamten. «Durch ein System zur Austeilung der Post bekommen wir durch die B-Post einen Tag mehr Zeit», erklärt Wild. So könne intern die Verteilung besser gesteuert werden.
Eine Erinnerung ist dem 64-Jährigen bis heute besonders gut im Gedächtnis geblieben. «An einem Donnerstag vor einigen Jahren klingelte mein Wecker wie gewohnt und ich machte mich zur Arbeit bereit. Als ich in Uzwil ankam, dachte ich mir noch: ‹Komisch, dass hier alles so dunkel ist.›. Dann dämmerte es mir: Es war Auffahrt», lacht der 64-Jährige. So habe er sich wieder auf den Heimweg und zurück in sein Bett gemacht, erzählt Stefan Wild.
Seine freie Zeit weiss der frischgebackene Pensionär gut zu nutzen. «Ich freue mich darauf, Opa zu sein und mit meinen sechs Enkelkindern an die Thur zu fahren oder auf den Spielplatz zu gehen», sagt er mit einem breiten Grinsen. Auch das E-Bike oder der Roller werden für die eine oder andere Ausfahrt aus der Garage geholt. «Ich habe ein Haus, da wird einem nie langweilig», so Wild. «Ich freue mich auch, dass ich endlich wieder um 12 Uhr zu Mittag essen kann», lacht er. Dies sei in den letzten Jahren zu kurz gekommen.
Von Dominique Thomi
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