Hansjörg Brem
kennt die Einzelheiten zur Sirnacher Waffe aus dem Mittelalter.
Künstlerin Sylvia Bühler weiss, dass Kunst im Auge des Betrachters liegt. Das hat sie in den letzten Jahren hautnah erfahren dürfen: So wurden einerseits ihr Münzsujet und ihre handmodellierten Figuren ausgezeichnet und international anerkannt, andererseits erntete sie in Au (SG) auch harte Kritik.
Münchwilen In der Villa Sutter in Münchwilen hängen seit dem 25. September neue Bilder an der Wand. Bilder von szenischen Landschaften, Kühen und Glocken unter dem Motto «Brauchtum ohne Verherrlichung». Traditionelle Schweizer Brauchtumsmalerei nennt die in Heiden wohnhafte Künstlerin Sylvia Bühler diese Stilrichtung. Doch Bühlers Kunst ist vielseitiger als Malerei. Auch die Gestaltung einer Sondermünze und diejenige eines Kreisverkehrs in Au gehen zurück auf ihr künstlerisches Schaffen. Den WN hat sie verraten, was sie für ihre Werke inspiriert und wie sie mit Kritik an ihrer Kunst umgeht.
Sylvia Bühler, wie hat sich Ihr künstlerischer Stil im Laufe der Jahre entwickelt?
Das ist schwierig zu sagen, da sich mein Stil von Bild zu Bild verändert hat. Ich bin Autodidaktin und habe den Stil durch das Ausprobieren verschiedener Techniken und Farben weiterentwickelt. Während des Malprozesses und je nach Verwendung der Farben (Emulsion, Acryl, Pigmente) sowie des Untergrundes habe ich viele Aha-Erlebnisse, welche mich schrittweise weiterbringen. Inspiration entsteht im Alltäglichen: in der Natur, im Umgang mit Menschen und Tieren, aber auch in der Zusammenarbeit mit Kunden.
Welche Techniken und Materialien verwenden Sie am liebsten?
Ich verändere meine Technik von Werk zu Werk, sonst wird es langweilig. Das Verwenden von reinen Pigmenten, welche aus natürlichen Materialien bestehen – wie Stein, Sand oder auch Halbedelsteinen –, ermöglichen mir, diese während des Malvorgangs zu verdichten oder auseinanderzuziehen. Das verleiht meinen Bildern eine Lichtbrechung, Tiefenwirkung und Farbbrillanz, welche ich mit herkömmlichen Acryl-Farben nie erreiche.
Wie schaffen Sie eine Balance zwischen Ihrem künstlerischen Schaffen und Ihrem Privatleben?
Vor gut zehn Jahren habe ich mich entschieden, meine Passion zum Beruf zu machen, und lebe seither komplett von meiner Kunst. Mein künstlerisches Schaffen und mein Privatleben sind nicht zu trennen. Wenn ich privat unterwegs bin, ist meine Kunst immer omnipräsent. Sei dies in meiner persönlichen Wahrnehmung, was gerade um mich herum passiert, oder aber auch im Gespräch mit meinen Mitmenschen. In meinem Kopf bin ich immer auf der Suche nach neuen Inspirationen, neuen Themen oder Techniken.
Ihre aktuelle Ausstellung trägt den Titel «Brauchtum ohne Verherrlichung». Wie gehen Sie an traditionelle Themen heran, ohne in Klischees abzurutschen?
Indem ich diese als gegeben und «unverrutschbar» wahrnehme. Traditionen wachsen über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, aus der Basis he-raus und sollten mit dem gebührenden Respekt behandelt werden. Ich würde mich beispielsweise nie anmassen, eine Tracht – sei dies nun die Appenzeller oder auch eine andere – umzuinterpretieren. Was ich jedoch kann, ist, die Kühe zum Beispiel mit Horn darzustellen, nicht als politisches Statement, sondern weil ich eine Kuh mit Hornkleid einfach schöner finde.
Planen Sie, sich weiterhin mit traditionellen Themen auseinanderzusetzen, oder werden Sie neue Richtungen einschlagen?
Ja, mir schwebt schon länger etwas Neues vor. Es geht in Richtung Makromalerei und um das Ausprobieren einer ganz neuen Technik, welche ich hier aber nicht verraten werde. Im Übrigen ist mein letztes Projekt die weltgrösste «Bäächue», welche heute im Garten des Hotels Heiden steht.
Ihr Kreisel «Knotenpunkt» in Au wurde 2020 durch eine Blick-Umfrage zum hässlichsten Kreisel der Schweiz gewählt. Wie gehen Sie mit solcher Kritik um?
Positiv! Wenn ein Kunstschaffender nicht mit Kritik umgehen kann, hat er den falschen Beruf. Kritik ist nicht gut oder böse, sondern die Ansicht und die Meinung meines Gegenübers.
Wie erleben Sie den Unterschied zwischen Ihren privaten Arbeiten und den im öffentlichen Raum ausgestellten, wie dem Kreisel oder der Sondermünze?
Dies ist ein grosser Unterschied. Meine privaten Arbeiten dringen in sehr private Umgebungen ein. Kunstliebhaber, die meine Werke erwerben, werden meistens zu guten Bekannten oder gar Freunden. Bei öffentlichen Werken, wie dem Kreisel oder der Sondermünze, ist das nicht der Fall. Diese Arbeiten helfen mir jedoch, meine Bekanntheit zu stärken und mein Portfolio zu erweitern.
Was würden Sie jungen Künstlern raten, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen?
Nie aufgeben und vor allem sich selbst treu sein! Das Kopieren von Stil und Technik anderer Kunstschaffenden ist nicht Erfolg versprechend und vor allem nicht nachhaltig. Es ist immer nur ein Hinterherlaufen und nie ein Sich-selbst-Entdecken.
Die Bilder und Skulpturen von Sylvia Bühler finden Sie noch bis zum 12. November in der Villa Sutter.
jms
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